Geistphilosophisches Privatissimum
Hans Imhoff
Hans Imhoff
Logik des Plans
Logik II

 

 


  Logik des Plans

  Erstes Buch (1979)

  Kategorien des
  Spekulativen
  
Materialismus

 

 

 

 

 


Zweiter Abschnitt, 16. - 21.:
Geschichte oder Gesetz des Werdens


16. Spekulation

Materie ist ein Begriff der spekulativen Philosophie. Es ist möglich, Atome zu sehen, Wellen zu messen und Spannungen mathematisch auszudrücken; ebenso aber ist es möglich, die Einheit dieses Materiellen zu denken. Das Spekulative ist nun nicht irgendein Denken des Materiellen, sondern das Denken des Materiellen als des Inbegriffs seiner, oder als Substanz. Spekulation ist das Auffassen der Wirklichkeit, wie sie konkret ist, als Plan, oder sie ist Natur, wie sie sich selbst als wissender Geist weiß.

Der spekulative Logiker hat speziell zwei Einwände zu gewärtigen. Einmal wird behauptet, das Denken selbst offenbare gar nichts, sondern nur die Beobachtung; so sei von dieser Seite Spekulation eigentlich ohne Gegenstand. Zum andern heißt es, die Prinzipien des Denkens hätten sich so oft gewandelt, einmal hätten es die Philosophen mit dem Geist, dann mit den Ideen, ebenso mit dem Sein, auch wieder mit der Materie gehalten, so daß auch von der anderen Seite ihr Gegenstand beliebig und daher von sich aus nichtig sei. Der spekulative Logiker kann an dieser Stelle dem Geist ein Beispiel dessen geben, was er ist. Das positive Wissen nämlich selbst ist es, das, von der Beobachtung ausgehend, zu unumstößlichen Resultaten, der abstrakten Bestimmtheit, gelangt, die es, um ihnen einen Zusammenhang zu geben, auf den endlichen Inhalt beziehen muß; es ist Reflexion. In diesem Beziehen will es das Allgemeine des endlichen Inhalts festhalten, kommt aber dabei entweder zu keiner Beziehung oder aber zu der Auflösung der abstrakten Bestimmtheit, welches der Beginn der Dialektik ist. Es ist die negative Dialektik der Vernunft, wie Hegel sagte, deren Ergebnis das Nichts aller Bestimmtheit ist. Dieses Bild bietet nicht etwa die Spekulation, sondern die auf die Beobachtung bezogene Wissenschaft, die in dem Bestreben des Begriffs, dem Wissen einen wahren Inhalt zu geben, ihre Beobachtungen zu einem lebendigen, alle Teile auf ein Ganzes beziehenden Organismus zu vereinen, die Unterschiede und Bestimmungen absolut relativieren und damit aufheben muß. Es ist dann das Leben, diese Auflösung, die das Positive der Beobachtung, nun aber als konkrete Allgemeinheit, wiederherstellt, das für die Beobachtung am Anfang schon vorhanden war, aber unbelebt, nur für die Beobachtung. Die Wissenschaft nimmt sich also kraft ihres Prozesses in sich zurück und erschafft sich aus ihren Ruinen das Positive ihrer Materien. Das Wahre oder der Materialismus aber dieses zweiten Positiven ist das Spekulative, welches somit das höchste Ergebnis der Wissenschaft selbst ist, der Geist oder das Perpetuens der sich vernichtenden Substanz.

Ebenso ist es nicht die Spekulation, die ihr höchstes Prinzip oder Substrat einmal mit diesem, dann wieder mit jenem Namen belegt, sondern das Wissen eines ganzen Zeitalters sieht sich zu den einzelnen Vorstellungen und dem ihnen entsprechenden Namen genötigt, den die Spekulation nur aufnimmt, um ihre Aufgaben zu lösen, die Frage, wie die Substanz als Inbegriff der Materien des Wissens und deren Substraten zu denken sei. Die Spekulation löste bei Parmenides so das Problem des Denkens, bei Leukipp und später noch einmal bei Descartes und Leibniz das der Teilung, bei Aristoteles das der Natur, bei Lukrez das der Bewegung, bei Böhme das des Ichs, bei Hegel das der Entwicklung, bei Marx das des Geldes. Sie ist nicht gegen die Wissenschaft gerichtet, sondern deren höchstes Produkt, ihr notwendiger und natürlicher Zweck.

Die Spekulation ist erstens Resultat alles positiven Erkennens, und zweitens sein Zweck. Drittens ist sie aber ebenso sein Ausgangspunkt. Spekulation ist der Materialismus des Denkens, oder das Denken des Wahren, wie es als Geist ist. Die spekulative Logik ist als die Wissenschaft von dem Zusammenhang der Wirklichkeit in sich angesehen worden, wie er sich in dem allgemeinen Element der Begriffe des Denkens selbst, herstellt. Dieser Zusammenhang dehnt sich nach der einen Seite in die einzelnen Wissenschaften und die beschränkten Zwecke des Lebens überhaupt aus, wo er sich ebenso auflöst; nach der anderen Seite produziert er sich gerade erst durch die Beschränktheit und dadurch, daß sich Wissen und Zwecke in der Wirklichkeit verlieren. Selbige Bewegung, insofern sie Geist ist, heißt Natur, und die Spekulation konstruiert die Planmäßigkeit derselben, oder sie als Plan.

Oder Spekulation ist die Methode der Beurteilung der Begriffe spezifischer Bewegung, wie sie in den Wissenschaften gebraucht werden. Es ist jedoch nicht ihre Absicht, die Wissenschaften zu kontrollieren und auf Fehler durchzusehen, sondern sie achtet sie und läßt sie in ihrer Tätigkeit auf sich beruhen. Ihre Bestimmung ist es, à corps perdu ein Ganzes auszubilden. Hierbei tritt die Schwierigkeit auf, inwieweit sie sich an den Wissenschaften und deren Ergebnissen zu bewähren, oder ob sie gar nur in der praktischen Arbeit der reellen, positiven Wissenschaften ihr System zu gewinnen habe. Nun ist ohnehin alle menschliche Tätigkeit in dem Sinne praktisch, daß sie nichts unverändert lassen kann, so daß in jedem Falle auch eine scheinbar so rein geistige Beschäftigung wie die logische Spekulation nichts anderes sein wird als ein mehr oder weniger klares, jedoch getreues Abbild ihrer Zeit, der Wirklichkeit. Des weiteren bringt es die Natur des Begreifens mit sich, daß es zwar auch als eigenes Vermögen eine besondere, freie Existenz hat, sich aber als vernünftiger Zusammenhang nur zu organisieren imstande ist, wenn ein Individuum auch das positive Wissen einer Epoche durchlaufen hat, so daß die Summe der Kenntnisse für es als vorausgesetzt, und von dieser Seite die Spekulation als allgemeinster, authentischer Ausdruck des Geistes angesehen werten darf. Was aber schließlich den positiven Inhalt der Spekulation angeht, so besteht er einmal nicht darin, die Gesetze, wie sie sich dem forschenden Geist ergeben, für sich zu isolieren, zu diskutieren und zu systematisieren, sondern eben in dem Denken der ganzen konkreten Gegenwart, wie sie ist, nachdem die Gesetze in die Wirklichkeit zurückgetreten sind; zum anderen hat sich die Spekulation gleichzeitig an das Werkzeug und die Aufgaben zu halten, die ihr von dem Wesen ihrer Tätigkeit her in der Kontinuität der Geschichte vorgegeben sind. Sie kann dem, was einst die Theologen zur Kategorie des Prozesses etwa beigetragen haben, ebenso verpflichtet sein wie den Ergebnissen der modernen Physik.

Wie die Natur einer Sache ihr Inneres und Äußeres zugleich ist, stellt die Spekulation, indem sie rein die Logik, den Plan, der Wirklichkeit erfaßt, deren äußeren Sinn wieder auf, der in der Klarheit und der Verständlichkeit der negativen Vernunft versunken war. Es ist auch die dritte Stufe der Natur, wo Spekulation in der Sinnlichkeit sich aufgelöst hat. Näher ist die dritte Stufe nicht identisch mit der spekulativen oder positivvernünftigen Seite des Logischen in dem Hegelschen System oder bei dem hegelianischen Marx, wo ein Begriff von dem Prozeß zugrundeliegt, der nur die eine Seite des Planmäßigen, der ganzen Logik der Substanz, darstellt. Es ist speziell die Aufgabe des spekulativen Denkens, wie ihn die Historie selbst und ihre Theorie seit dem reifen Marx vollzogen haben, den Übergang von jener Seite des Logischen als reinen Resultats zu der Logik des Plans zu konstruieren, oder die Differenz zwischen der spekulativen Verdoppelung und der bestimmten Negation der Dialektik aufzustellen, und zu zeigen, daß das Wissen in der Selbstverdoppelung der Substanz auf der Seite der Idee entsteht und mit dieser in seinem Entstehen zugleich zugrundegeht.

Die Spekulation ist demnach schließlich der Übergang von der subjektiven zur objektiven Substanz, oder die Bestimmung der Bestimmtheit aus der Unbestimmtheit, die reine Auffassung der Natur. Die Natur ist der Geist in der Vernichtung der Idee, der sich darin zur Unbestimmtheit bestimmt hat, und die Spekulation hat das Nichtwissen zu begründen, wie es sich aus der Verdoppelung der Substanz ergibt. Gleichzeitig ist der Geist dieses Materielle, das sich absolut bestimmt. So ist die Spekulation der Objektivismus des sich im Plan aufhebenden Geistes, der als aufgehobener ganz unberührt bestehen bleibt. Es ist ihr eben um diesen Objektivismus zu tun, der als Idee untergeht, aber als Substanz oder Plan seine doppelte Negativität perpetuiert.

17. Physik der Logik

Die Logik hat ihre besondere Logik, es ist dies ihr Verhältnis zur Materie. Die qualifizierte Deklination, der kardinale Tatbestand der elementarphysikalischen Theorie, fällt absolut zusammen mit der Mitte der duplizierenden und der perpetuierenden Substanz. Historisch ist allenfalls bemerkenswert, daß man in der neueren Zeit zuerst Gott, der Mathematik, der Mechanik, dann der Geschichte die Ehre hat zuteil werden lassen, mit der Logik unmittelbar identisch zu sein, ehe jetzt neuerdings, wie einmal bei ihren ionischen Anfängen, die reine Materie wieder in ihr Recht tritt. Man darf dem jedoch keine andere Bedeutung beimessen, als daß hier nur besondere Seiten um gleichsam Farben derselben Materie ausgebildet worden sind, die dann mit der Logik in ein eigenartiges Verhältnis traten. Allemal war es die Physik der Logik, ihr Materialismus, was sie zu dem eigensten Organ des Geistes machte.

Es ist darauf zu achten, daß das Verhältnis von Logik und Materie das substantielle Verhältnis par excellence ist. Nach traditioneller Auffassung ist bis heute die Logik nur ihren eigenen Gesetzen, denen des Denkens, verpflichtet, was der metaphysisch-ontologischen, oder der an dem Resultat orientierten, Lösung des spekulativen Problems entspricht. Demgegenüber sind die Resultate in der von uns entwickelten Logik des Plans, indem das Resultat je nur die eine Seite der doppelten Negativität der Substanz, seiner selbst, ist, vermittels der qualifizierten Deklination nicht sie selbst, sondern vernichten sich als sich und sind als sie als sie ihr Perpetuens; und die Logik ist nicht sich selbst verpflichtet, sondern der Materie. Die Gesetze der Materie sind die Gesetze der Logik, oder das Perpetuens der allgemeinen Materie ist die spekulative Logik; oder umgekehrt ist die Logik nichts anderes als das Ideelle der materiellen Zeit. Allgemeine physikalische Beschreibungen der innersten materiellen Spannungen und Rekurse sind darum auch identisch mit den spekulativen Gängen. Spekulation, oder der Plan als materielle Logik, ist schließlich nichts anderes als unmittelbar die materielle Zeit.

Das Verhältnis von Logik und Materie ist noch näher zu betrachten, zunächst inwiefern sie identisch sind, dann inwiefern sie als identische unterschieden sind. Es kann dem Mißverständnis vorzubeugen nötig erscheinen, als handele es sich bei der allgemeinen Bewegung um das Auseinanderhervorgehen des einen aus seinem anderen. Die Logik des Plans kennt zwar auch diese Art des Prozesses als die genuin dialektische Bewegung, wie diejenige der sistierten Dialektik des Systems; das Planmäßige, Materiell-Spekulative, jedoch ist durch die Momente der Verdoppelung, der qualifizierten Deklination und des Perpetuens gekennzeichnet. Der dialektischen Logik Hegels ist es wesentlich um die Übergänge zu tun, wie der Ausdruck lautet, worauf zu achten sei. Es charakterisiert sie als idealistische Logik, daß bei ihr die logische Idee in die natürliche übergehe. Die Logik des Plans hingegen ist als Spekulation allgemeine Materie, und die Reflexe der materiellen Zeit schlagen sich unmittelbar als logische Spekulation nieder. Die Logik des Plans ist die Logik der Materie, und indem sie es überall nur mit der Materie zu tun hat, ist sie materialistisch. Wie die Materie aber setzt sie sich doppelt und vernichtet sich; indem sie das als logisches System tut, ist sie idealistisch und erkennt sich zugleich als diese eigene ideelle Tätigkeit. Drittens jedoch ist sie als als Materialismus gesetzter Idealismus in der Verdoppelung ihrer selbst zugrunde gegangen, und ihre perpetuierende Existenz ist jetzt bloßer Reflex der Materie, oder Materie; und als solche ist sie ihre um den Weg über die mentale Korrespondenz erweiterte Physik, oder der spekulative Materialismus. Die qualifizierte Deklination der Logik ist ihre Physik.

Die qualifizierte Deklination geht aus der Logik des Plans hervor wie das Wesen aus der alten Metaphysik; sie vertritt, was einmal unpräzise Wesen genannt wurde. Man hatte Mühe das Wesen zu bestimmen und setzte es zu seiner Erscheinung in Verhältnis. Obgleich Hegel und Marx in genauen Analysen noch zuletzt zeigten, wie notwendig eine Differenz anzusetzen sei, war doch schon früher ihre Legitimität bestritten worden; auch Goethe dachte hier eher naturwissenschaftlich wie Kopernikus als idealistisch-kopernikanisch. Beides ist aber zu respektieren, und zugleich ist weiterzugehen. Die Dialektik von Wesen und Erscheinung hat ihre bestimmte Identität zum Resultat, die nie mehr wieder in Zweifel gezogen wird. Entweder ist nun ihre Identität individuell qualifiziert, dann ist ein Übergang unbegreiflich; ist sie es nicht, dann kann es zwar nach allen Seiten Übergänge geben, aber nur zu uninteressanten gleichen grauen Qualitäten. Demgegenüber ist die qualifizierte Deklination das Perpetuieren einer materiellen Individualqualifikation als sie als sie, oder sie verschwindet vor sich und perpetuiert als Innovation. Die qualifizierte Deklination ist als aufgehobene Dialektik von Wesen und Erscheinung und deren Differenz individualqualifizierendes Agens.

18. Differenz zwischen Verdoppelung und bestimmter Negation

Wenn wir hier einige neue Lösungen oft bearbeiteter Probleme vorstellen, so kann es sich nur darum handeln, bekannte Lösungen zu prüfen und vielleicht zu verbessern. Wir sind zufrieden, wenn es gelingt, die kleinste Korrektur anzubringen. Eine Verbesserung um eine Nuance ist unserer Meinung nach der materialistisch-spekulative Begriff der Verdoppelung gegenüber dem der bestimmten Negation in der Hegelschen und der ihr folgenden marxistischen Dialektik. In der idealistisch-materialistischen Dialektik setzt sich das Resultat sich als Anfang; es ist dann am Ende seines Prozesses es als sein entfalteter Beginn. Der Anfang konnte zu seinem Resultat fortschreiten, weil dieses ihn rückwirkend setzte, so daß der Anfang keinen Anteil als den schon bestimmten an seiner Realisierung hatte. In der Logik des Plans ist der Anfang von dem unbestimmten Resultat gesetzt, als das er sich als selbst unbestimmter setzt. Insofern Anfang und Resultat sich als unbestimmte setzen, sind sie einfache doppelte Negativität, oder ihr Zusammenhang einfache Verdoppelung; insofern sie sich jedoch setzen, sind sie bestimmte Negativität. Es ist der Materialismus der Logik des Plans, der in der qualifizierten Deklination die reale Mitte dieses materiellen Verhältnisses hat, in welchem dieselbe als materielle Bestimmtheit der Unbestimmtheit den realen Prozeß bestimmt.

Betrachten wir im einzelnen die Notwendigkeit der Verdoppelung als eine Seite der qualifizierten Deklination, so ergibt sich zunächst, daß sie den Ausdruck des Nichtfortschreitens darstellt. Es ist darin die Wahrheit der systematischen Dialektik zu sehen, die in ihrer Konsequenz tatsächlich keinen Fortgang herstellen kann. Wir halten das in der Logik des Plans als notwendiges Moment fest; um einen Prozeß begründen zu können, müssen wir allererst begreifen, in welcher Form der Prozeß in der vorangegangenen dialektischen Logik reallogisch vorhanden ist. In der Dialektik des objektiven Idealismus Hegels bestimmten sich die Materien von dem je systematisch höheren Resultat, zuletzt von dem Inhalt her, der seiner Form nicht mehr unangemessen ist, der logischen Idee, oder der Methode als dem Geist, wie er als Geist in sich lebt. Die Resultate sind je das Positive, und als solche absolut bestimmt. Das Positive sind sie als bestimmte Negation, das heißt als jene Negation der Negation, die sich selbst in der Setzung ihrer als Dialektik als konkretes Resultat hervorbringt. Indem aber Resultat wie Anfang wie Mitte konkretes Resultat, bestimmte Negation, das Positive sind, sind sie als so identische als Identität von Identität und Nichtidentität ebensoviele gleiche konkrete Resultate, oder die einzelnen Momente in der Genesis eines Resultats unterscheiden sich der Sache nach in nichts, so daß Anfang und Resultat abstrakte Allgemeinheit und konkrete Allgemeinheit sich als identische Verdoppelung ihrer selbst erweisen. Die Unterschiede kommen erst dadurch herein, daß verschiedene, in sich zusammenhängende Begriffe und Gegenstände nacheinander durchgenommen werden, die nur aufeinander folgen, deren Auseinanderhervorgehen aber unerklärlich bleibt; zwar nicht für die Erfahrung und den Verstand, jedoch für die logische Vernunft. Von diesem Resultat des systematisch-dialektischen Begriffs von dem Resultat gehen wir nun aus, indem wir es für wahr nehmen, und nur fragen, wie das in sich gekoppelte Positive, das eine zu dem anderen werden, wie Neues entstehen könne. Die materialistische Spekulation setzt Anfang und Resultat als sich absolut aufhebende unbestimmte Bestimmung, deren Dialektik ihr absoluter Rückgang in sich ist, oder einfache doppelte Negativität, wie wir sie dargelegt haben. Indem sich die Verdoppelung jedoch zu ihrem einfachen Rekurs zusammenzieht, produziert sie sich als ihr Perpetuens, oder sie existiert fort und bleibt was sie war, nur hat sie zwischen sich ihren qualifizierten Zerfall gelegt. Dies ist die doppelte Verdoppelung der Substanz, als welche sie materielle Zeit ist. Die zweite Verdoppelung oder ihr qualifizierter Zerfall ist das substantielle Verhältnis der Materie, wie es sich als reine qualifizierte Deklination oder als materielle Zeit perpetuiert.

Gegenüber der absoluten Negation ist die doppelte Negativität der qualifizierten Deklination kein absolutes Resultat, wenngleich vom Resultat, einer seiner Seiten, bestimmt. In dem objektiven Idealismus ist das Resultat absolut bestimmt, und zwar durch sich als Resultat; die qualifizierte Deklination als Resultat ist bestimmte Unbestimmtheit, und eben nur dadurch Resultat, daß sie als solches nur eine Seite ihrer selbst ist. Sie ist der Widerspruch ihrer selbst nicht als sie selbst, sondern ihrer als ihrer als Prozeß, welcher absolute Unbestimmtheit ist. Die qualifizierte Deklination ist der Prozeß, in welchem das bestimmte Resultat, welches von der absoluten Unbestimmtheit zu ihrem Gesetzten herabgesetzt ist, ebendenselben Prozeß bestimmt; und daher ist der Prozeß der qualifizierten Deklination, indem sie als sie als sie als sie als absolute Unbestimmtheit bestimmt ist, als Resultat keiner ihrer selbst. Zu diesem Resultat gelangt also die Logik des Plans, ein Resultat, das an und für sich gegen sich rekurriert und sich darin erhält. Indem dieses Perpetuens sich von seiner qualifizierten, weil als Individualqualität bestimmten, Unbestimmtheit nährt, ist es als es selbst seine Innovation.

Es ist nun noch zu sehen, inwiefern das Resultat in der Logik des Plans nicht absolut ist, aber seine Momente absolut sind. Absolut ist ein Resultat, wenn die Urteile eines Schlusses so durcheinander vermittelt sind, daß jedes an sich der Schluß, im Schluß dann an und für sich der Schluß, oder jedes Urteil eines Schlusses und dieser selbst gleichzeitig analytisches und synthetisches Urteil sind. Dies ist absolut der Fall in der dialektischen Logik; die Unangemessenheiten der Widersprüche, die ihren Fortgang ausmachen, finden jedenfalls ihren Abschluß, und der objektive Idealismus, wie das klassische idealistische System richtig heißt, hat folglich je das Positive zu seinem Resultat, fortschreitend und rückwirkend, jedoch relativ zum Ganzen. In der Logik des Plans haben wir den umgekehrten Fall, indem die Momente ihr absoluter Rekurs, absolute Negativität, absolutes Perpetuens sind, der ganze Prozeß jedoch als unbestimmtes Absolutes als Resultat als doppelte Verdoppelung ebenso als er als er absoluter doppelter Rekurs, und damit progressiv und regressiv unbestimmte Innovation ist. So ist die Logik der planmäßigen Innovation eine wahrere Wahrheit als das dialektische System, indem ihr Objektivismus ein Resultat hat, das unbestimmte Bestimmtheit ist und die absolute Wahrheit des objektiven Idealismus nur zum absoluten Moment hat.

19. Ursache und Zufall

Ob man alles durchaus verursacht sein oder vom Zufall bestimmt sein läßt, macht schließlich keinen Unterschied; das eine ist immer die Konsequenz des anderen. Daher hat man sich von jeher gehütet , in die Nähe solcher Positionen zu kommen. Jedoch ohne Glück; denn indem man sie vermied, hat man nur konstruiert, soweit es eben ging, im übrigen aber gleichsam Ausnahmen gelten lassen, oder man hat seine logische Inkonsequenz auf die Seite einer Inkonsequenz in der Sache geschoben. Hegel unterscheidet so einen Fortgang nach der Logik des Begriffs und eine Willkür bei der Ordnung von Gegenständen, die »von äußerlichem Zufall und vom Spiele« bestimmt sind, wie Erscheinungen im Tier und Pflanzenreich. Wo es interessant wird, nämlich etwa bei der Frage: ob die natürliche Innovation wesentlich Agilität, das Übersichhinausschießen relativ selbständiger Momente, oder aber das Resultat noch nicht gesetzter Bedingungen, Präadaption, ist, hört solche Logik auf. Auch bei Marx, der wohl die ausgebildetste Theorie der Kausalität in Form der Rolle der Subjektivität innerhalb des historischen Prozesses hat, gibt es den »Zufall«, wenn auch ausdrücklich, unsicher ironisierend, in uneigentlicher Gestalt, weshalb er auch in Anführungszeichen gesetzt ist; solche fallen bei Engels, wenn er von den Zufällen der Geschichte und sonst spricht, weg.

Man kann es anfassen, wie man will, läßt man auch nur an einer Stelle den Zufall, in welcher Form auch immer, zu, dann hat man sich umsonst gehütet, ihn überall walten zu lassen, oder anders, alles absolut starr zu prädestinieren. Da man aber eben, um das zu vermeiden, den Zufall lächelnd ebenfalls zuläßt, erzeigt sich die Schwierigkeit als unlösbar, es sei denn, man erkläre den Zufall. Der Logik des Plans ist es in der Tat darum zu tun, um so mehr als die damit zusammenhängenden Probleme bisher stets in der Form des Scherzes angegangen, nie aber beantwortet wurden. Ist das Huhn früher oder das Ei? Diesem Scherz liegt die angebliche Unbeantwortbarkeit des Verhältnisses von Ursache und Zufall zugrunde. Angeblich besteht der Witz darin, daß die beiden naheliegenden Antworten falsch und richtig zugleich sind: Ist das Huhn früher, so ist es doch aus einem Ei entstanden; ist das Ei früher, hat es nicht das Huhn gelegt? Ist also weder das eine noch das andere früher? Dann gibt es ja kein Entstehen aus einem anderen, was offensichtlich falsch ist und der Prämisse widerspricht. Was nun? Zwischen Ei und Huhn besteht ein absolutes Ursachenverhältnis, eine Verschiedenzeitigkeit in der Gleichzeitigkeit. Das ist aber kein Witz. Worin besteht der also? Darin daß die Frage noch nicht beantwortet ist; die Wahrheit hat ihre Blöße monstriert, und die Männer sind gereizt, zugleich befriedigt und unbefriedigt, haben deshalb gelacht und Vorfreude empfunden, weil sie an der Chose erst gerochen haben. Das Dilemma ist nämlich folgendes. Ist das Verhältnis wirklich absolut vermittelt, wirklich weder Ei noch Huhn früher als das andere, dann ist die Existenz dieser beiden Verschiedenen unerklärbar. Die mögliche Antwort lautet demnach: Beide sind jedes später als das andere, und beide zusammen später als ihre Phylogenese; oder das geschlossene System setzt ein offenes voraus. Wie aber erklärt sich nun aus den Voraussetzungen der Frage die Existenz eines offenen Systems? Nach diesen Voraussetzungen ist kein offenes System möglich; danach aber auch kein geschlossenes, indem die Differenz der beiden sich begründenden Seiten und damit ihre Bewegung und ihr Leben nicht gedacht werden können. Sind aber keine Verschiedenen, dann ist gar nichts; und da wir die Verschiedenheit von Ei und Huhn nicht erklären können, so sind wir zu dem Schluß gezwungen, daß beide dasselbe, aber gleichzeitig nicht existent sind. Grund zum Lachen allerdings.

Die Wissenschaft kann sich bei einer Weltbetrachtung beruhigen, die sich auf jeweils gesicherte Naturgesetze stützt. Niemand und nichts kann ihr den Erfolg streitig machen, den sie bei der Bestimmung und Voraussage von Ereignissen, das heißt aus Zuständen mit absoluter Notwendigkeit folgenden Zuständen, hat. Für diesen gleichsam epischen Begriff von wissenschaftlicher Wirklichkeit schlug sich zuletzt der große Einstein. Wir nennen diese Auffassung groß, weil in der Tat ein Zustand jeweils notwendig folgt, jedoch nicht immer aus dem vorangehenden, sondern zugleich auch aus dem ihm folgenden; letzteren Fall, der die Wissenschaft bisher nichts anging, nennen wir das Verhältnis der absolut bestimmten Unbestimmtheit. Damit hat das Gesetz seine eigene Aufhebung wesentlich an sich.

Um das näher auszuführen, so haben wir uns zu vergegenwärtigen, daß das Gesetz schon die Abstraktion von sich selbst ist, ein Unwahres. Das Gesetz ist per definitionem das was sich gleichbleibt, also setzt es sich schon als den Gegensatz, als welchen es sich negiert; es i s t Negation der Negation, s i c h aber ist es nur das Positive. Die Gesetze der Energie, des organischen Lebens, der Moral, der Kapitalakkumulation sind, wie sie der Erkenntnis entstanden sind, auch real entstanden und haben ihre reale Geschichte. Davon abstrahiert das Gesetz, das nur der Spezialfall seiner selbst ist und davon seine Erfolge hat. Da es keine Ausnahme zulassen kann, so wenig wie einen Zufall, so muß es seine Entstehung, seine Geschichte und seinen Unter- beziehungsweise Übergang dem Zufall überantworten. Diese schließt es per se aus, und damit sich selbst als existent.

Das wahre Verhältnis ist aber dies, in welchem das Gesetz oder die Ursache selbst nur Moment ihrer selbst ist. Ein Zustand verdoppelt sich, so findet das Gesetz statt. So ist er ein in sich geschlossenes System sistierter Dialektik, ein Spezialfall der Wirklichkeit und ein ebensolcher seiner selbst. Die Verdoppelung geschieht aber im Prozeß seiner Selbstvernichtung als er als er, so ist er revolutionär -dialektisch, ein Resultat. Solches Resultat schließlich perpetuiert als Gesetztes des absolut bestimmten Unbestimmten; so ist das Gesetz Deklination, oder die Ursache als Abstraktion der Deklination Zufall.

Mit diesem Ergebnis haben wir mehr als es scheint. Nicht nur daß die Ursache aus sich selbst entwickelte, was wir anfangs schon überblickten, sondern die Analyse ergab dazu das ganze Volumen der Bedingungen der Ursache, von denen sie selbst nur eine Abstraktion darstellt. Nun haben wir endlich noch die positive Darstellung des Verhältnisses zu leisten. - Das Wissen hat sich auf das Sichere zu stützen, und die Dialektik hat in ihrer Lehre von dem Widerspruch, der die Einheit seiner selbst und seines Gegenteils ist, sogar die Veränderung, das Unsichere, in den Begriff erhoben. Aber dieser Widerspruch ist nicht am Sein, sondern am Verhältnis des Denkens zum Sein, wie das Denken es faßt, orientiert; später wird in dem dialektischen Materialismus die Logik dieses Verhältnisses in das Sein verlegt: eine materialistische Ontologie, an der weder die idealistische Dialektik noch der Materialismus mehr stimmen. - Die große Dialektik Hegels glaubte die Veränderung erklärt zu haben, indem er aus jedem Resultat je wieder einen Widerspruch entstehen ließ. Das hilft ihm aber nichts, und es kann ihm auch nichts helfen, solange er die Entzweiung nicht in der Materie selbst ansetzt. So ist er g e z w u n g e n , die Idee, die ganze Wirklichkeit, als das Ausgeglichene zu konstruieren, so daß er uns die Erklärung schuldig bleibt, erstens: Wieso sich die Wirklichkeit als ausgeglichene weiterentwickelt; und zweitens: Wieso, wenn die Idee des Ausgleichs fähig ist, es ihre Momente oder früheren Stufen nicht sein sollen? Die gegebene Auskunft ist nichts als eine Ausrede: Daß die Momente a u c h das Positive, und daß die Idee das Ganze a l l e r Momente sei. Hier ist die Grenze des Idealismus, der seine eigenen Begriffe nicht zuende zu denken imstande ist. Wenn das System der Natur und des Geistes einen Augenblick vollkommen ist, ist es jeden Augenblick vollkommen, oder ruhig und tot; es ist das derselbe Fall wie Ursache und Zufall. Ei und Huhn entbehren nichts, wenn das Ganze nichts entbehrt; es gibt nach ihnen also auch keine Säugetiere und vor ihnen keine Reptilien. Verzichtet man aber, wie der dialektische Materialismus, auf das Ganze als das Sichere, so hat man sich des Bestimmten oder der Ursache g a n z begeben, auch wenn man sie glaubt nur an einer kleinen, irrationellen, idealistischen Stelle fallengelassen zu haben. Wenn sich bei Ei und Huhn ein Widerspruch findet, der sie als geschlossenes System über sich hinaustreibt, dann ermangeln sie der Ursache, und es entsteht die Frage: Was ihre Ursache aufgehoben habe?

Der Widerspruch, der sich der Dialektik als einer zwischen Ganzem und Teil, Resultat und Anfang, ergibt, ist kein realer; und deshalb ist aus ihm Veränderung nicht zu erklären, vielmehr muß er selbst erklärt werden. Ein System erklärt niemals den Prozeß, sondern schließt ihn absolut aus. Die einzige zurückbleibende Möglichkeit ist ein allmähliches Abdriften der Substanz aus der Masse ihrer Deklinationen; Gesetz ist danach je eine entsprechende Masse von gegendriftenden Verdoppelungen, als die die Substanz als absolut bestimmte Unbestimmtheit sich als sich als sich konstituiert.

20. Innovation

Man braucht sich nicht zu wundern, daß dem philosophischen Denken selten an dem Neuen gelegen war, daß es sich auf die Genesis des Tatsächlichen beschränkte. An Marx noch, dessen Verdienst der Hinweis der mangelnden Aufmerksamkeit auf die Veränderung war, rühmt man die Zurückhaltung bei Prognosen. Daran tat er übrigens nur gut, denn mit dem »rationellen Kern« der Hegelschen Dialektik war er denkbar ungerüstet, logische Überlegungen in die Zukunft anzustellen. Es kennzeichnet sein Format als des logischen Empirikers, daß er den Gedanken auf die Zukunft richtete, ihn aber nicht anstellte. Seine spekulativen Modelle endeten jedesmal mit einem Abschluß »in historisch kurzer Frist«, so daß er, der Theoretiker der dialektischen Gesetzmäßigkeit des Konkreten, prognostizieren konnte, ohne spekulieren zu müssen. Die »Expropriation der Expropriateure« ist eine solche Konstruktion; oder die Folge: Urkommunismus des Mangels; »vorgeschichtliche« klassengesellschaftliche Zivilisation, in der die Besitzenden nicht arbeiten und die Arbeitenden nicht besitzen; schließlich Kommunismus des Überflusses. Nach der »Vorgeschichte« soll dann das Ideelle, die planende Idee, stärker hervortreten. Marx lehnte das System ab, nicht aber das Resultat, worauf die Erkenntnis zu beziehen sei. Damit kam er in große Schwierigkeiten. Die Veränderung, das Neue, die Zukunft sollte konzipiert werden, deshalb mußte das System fallengelassen werden; wie aber ist Erkenntnis möglich ohne System? Die Auskunft, die keine ist, hieß Praxis; sie setzt Erkenntnis voraus, wie aber Erkenntnis ohne System? Aus den Gesetzen! Ja, wie die erkennen? Es hilft alles nichts, ohne die Logik des spekulativen Materialismus, der die Bewegung aus der Materie selbst, nicht aus dem Verhältnis des Denkens zu ihr, nimmt, ist kein planendes Erkennen möglich. Grob fahrlässig aber war das Verfahren Marxens, die Dialektik von dem System abzulösen und auf die Materie »anzuwenden«. Fahrlässig und konsequent zugleich, denn seine Ambitionen lagen offensichtlich nicht auf philosophischem Gebiet; was aber die Beschreibung von historischen Gesetzmäßigkeiten angeht, so hat er zweifellos richtig geurteilt, daß der menschlichen Gesellschaft und ihren Protagonisten immer nur der nächste Schritt zu tun möglich sein wird.

Folgerichtig aus seinem mangelhaften logischen Ansatz ist das Neue bei Marx das Alte auf der Stufe seiner Vernunft - alles rein hegelianisch; und stößt deshalb auch an zwei Stellen an: bei den Mephistotelikern (Bakunin) und der Realität der Pariser Commune. Bis dahin hatte Marx nämlich geglaubt, die Revolution habe die Organisation der bürgerlichen Gesellschaft nur zu »übernehmen« - so sehr war er mit Hegel überzeugt, daß das Alte schon das Neue sei, und es durch einen »Sprung« werde. Es ist dieser unleninistische Marxismus in unseren Tagen von den Theoretikern der Studentenbewegung wiederaufgenommen worden. So ist wenigstens für die Wissenschaft der logischen Spekulation von Seiten der Marxschen Theorie kein Fortschritt zu verzeichnen.

Das Aristotelische Philosophem der Entelechie ist wichtig, und seine Kraft strahlt bis in das Hegelsche System. In dieser Vorstellung von den Dingen ist das System absolut angelegt. Die Realitäten bilden zwar noch keinen lebendigen Zusammenhang untereinander, wohl aber je in sich selbst und daher tendenziell auch insgesamt. Jedes Ding soll sein Ziel erreichen, ist also zunächst von ihm, sich selbst, verschieden, und die Frage tritt auf, woher dieses sein Wesen ihm komme. Indem Aristoteles antwortet, daß die Vollkommenheit auch absolut existiere, die den ersten Anstoß aller Bewegung verursacht habe, denkt er dieselbe gleichzeitig als Zug und Stoß; dieses Konzept führt über das Verhältnis von natura naturans und natura naturata zu dem System des absoluten Idealismus. Aber nicht nur das. Der in jüngerer Zeit so geschmähte teleologische Begriff trägt viel weiter als sein wissenschaftliches Gegenspiel. Konnte auch Aristoteles am wenigsten die Entwicklung von Neuem erklären wollen, so hat er doch die erste große Handhabe dazu geschaffen. Daß dieselbe Kraft, die nach vorne drängt, auch von vorne ziehen müsse, dies war ein griechischer Gedanke, hinter den zwei Jahrtausende zurückgefallen sind.

Wir haben nun diese beiden innovierenden Bewegungen zu betrachten. Wir werden sie selbst und von ihrer Mitte unterscheiden. - Um den Sinn für das Problem noch einmal zu schärfen, sollten wir an dieser Stelle rekapitulieren, was über die Auffassung des Plans gesagt wurde. Das naive Verständnis geht dahin, daß ein Plan der Rahmen sei, in welchem nach bekannten Kriterien und Wertgrößen ein gewünschtes Ziel erreicht werden solle. Hier ist zugleich schon der Widerspruch vorhanden, daß für die Zukunft mit Bekanntem geplant wird, obwohl doch geplant wird, weil die Zukunft Unbekanntes ist oder Unbekanntes nicht sein soll. Der Einwand, der hier gegen uns erhoben werden mag, hat zwei Seiten. Erstens, heißt es, ist das meiste ja tatsächlich Bekanntes, auch in der Zukunft; davon auszugehen sei man deshalb nicht nur genötigt, sondern auch legitimiert, es sei also geboten. Der Übergang zum Neuen mache sich von selbst, indem man immer von der Praxis ausgehend solange das Erforderliche tue, bis eine neue Qualität entstehe. Unsere Frage: Wenn man schon glaubt, man könne das Erforderliche in einer gewünschten Richtung tun, dann müßte man doch auch wissen, was die neue Qualität ist, sonst kann man unmöglich, auch wenn man die quantitativen Schritte noch so klein wählt, diese selben einzelnen Schritte ausgewiesen richtig tun. Aber gehen wir zur zweiten Seite. Hier tritt uns eine größere Schwierigkeit entgegen. Der Begriff ist ja an und für sich das Ineinssetzen von Subjekt und Objekt; jedes Wissen, jedes Tun setzt also die absolute Einheit voraus, je nachdem das »Transzendentale« oder die »Praxis« genannt. Der Praxisbegriff des dialektischen Materialismus ist rein identisch mit der Ich-Ich -Konzeption des deutschen subjektiven Idealismus, der die einzige große Logik und Metaphysik des bürgerlichen Zeitalters geliefert hat. Beide haben sie den Mangel, daß sie das Nicht-Ich beziehungsweise Nichtidentische oder das Seinwerdende im Ich oder der Praxis auflösen, das heißt in dem absolut bestimmten Begriff oder dem Resultat oder dem Positiven. Auf diese Weise geht ihnen das Unbestimmte für das Erkennen absolut verloren. Es ist jedoch entscheidend darauf zu achten, daß in den Begriff von dem Begriff das Unbestimmte als er als es als er eingeht. Hier ist der Übergang zur ersten Stufe der Dialektik der Innovation gegeben.

Das Verhältnis der Innovation tritt zunächst als Widerspruch zum Bekannten, oder der Verdoppelung des Resultats, auf. Die eine Position ist, das Positive bleibt in der konkreten Zeit das Positive; es ist die Platonische Idee. Das Unverständnis des Plans hat keine andere Vorstellung, nur daß hier einerseits der Mensch die Idee, oder die gesellschaftliche Realität, schafft, andererseits »vorausahnt«. So lobt Engels an Marx seine »klare« Voraussicht. Wie kann sich im Gehirn spiegeln, was noch gar nicht existiert? Das ist sehr wohl möglich, nur ist es noch nicht erklärt worden. Der Materialismus hat von Anfang an Versatzstücke wie Liebe und Klasseninteresse benötigt, um die Differenz zwischen der materiellen Idee oder der Natur, und ihrer Entwicklung, der Zukunft, einzuholen. Es ist das Gegenstück zu der Schwierigkeit des Idealismus, das Geistige zu bestimmen, wenn das Materielle im voraus zu dem Moment des Geistes, das heißt des realen Positiven, absolut herabgesetzt ist. Die Gegenposition hierzu ist die abstrakte Zeit, oder dies, daß Zustände überhaupt voneinander getrennt sind, was nichts anderes heißt, als daß sie früher absolut nicht aufeinander folgten, später aber absolut aufeinander folgten, beziehungsweise auseinander hervorgingen.

Zu Beginn der Diskussion der abstrakten Zeit ist noch einmal kurz auf das Aristotelische Verdienst zu sprechen zu kommen. Teleologie, wie sie aus seiner Entelechie folgt, bedeutet ja, daß ein Zustand, der noch nicht ist, den je seienden bestimmt. Die Frage, was das denn nun aber sei, was da bestimme, konnte allerdings nicht befriedigend beantwortet werten. Es sei das Wesen: Aber das Wesen konnte nur mit dem leeren Wort »Ursache« angegeben werden; causa non causata war dann die ultima ratio. Gleichwohl bleibt der Gedanke hervorragend wichtig, und im Zeitalter des deterministischen Wahns ist nicht in den Ruin des Teleologiebegriffs einzufallen, sondern die Forderung aufzustellen, ihn zu erklären.

Wir möchten darauf hinweisen, daß die abstrakte Zeit, die Agilität, die Präadaption und die Neomorphe, wie wir die Seiten und Stufen der Innovation nun diskutieren, ihre gewöhnliche Bedeutung bereits in der Elementarphysik und der Molekularbiologie haben und dort selbstverständlich sind. Wir leisten nur in der Wissenschaft der Logik, was in der Wissenschaft der Natur Gewohnheit zu werden begonnen hat. Wir selbst hoffen später Gelegenheit zu dem Nachweis nu haben, daß es genaue Entsprechungen zwischen logischen und biologischen innovierenden Prozessen gibt. - Logisch ist die abstrakte Zeit zunächst das Verhältnis der Folge materieller Zustände. Ein Zustand ist vorhanden, später aber sind es zwei aufeinander bezogene; und die Frage ist zu beantworten: Wie wird der erste zu seinem zweiten Zustand? Die schon hier auftretenden Einwände gegen eine solche Fragestellung müssen behandelt werden. Man sagt etwa, hier liege ein Scheinproblem vor; eine logische Fragestellung sei völlig fehl am Platze, da bei gegen Null kleinen Schritten das Objekt alle Bedingungen des Eintretens in seinen nächsten Zustand in sich selbst trage. Wir stimmen dem nur zu gern zu, daß man den Schritt von dem früheren zu dem späteren Zustand nicht zu erklären braucht, wenn man die Bedingungen, die von dem ersten zu dem zweiten führen, kennt. Aber was ist das für eine Auskunft! Das ist ein Spiel mit Worten. Was wir erklären wollen, ist gerade das Entstehen, sind die Bedingungen der Bedingungen, die den Zustand verändern. Oder glaubt man etwas gesagt zu haben, wenn man spricht: Der Zustand hat sich verändert, weil die Bedingungen, die zu seiner Veränderung führten, ihn zur Veränderung zwangen? Aber nicht doch, sondern die Bedingungen der Bedingungen seien der Zustand vor dem Zustand vor dem Zustand, und so fort. Sobald wir uns auf die Logik dieses Einwandes einlassen, so löst er sich vermöge derselben von selbst auf. Ehe wir nun die nächsten wichtigen Schritte gehen, wollen wir uns darüber verständigen, daß hier nicht der Ort ist, die sensualistische, subjektiv-idealistische oder gegeneinsteinsche Position zu diskutieren oder auch nur zu berücksichtigen, die ja der Theorie oder dem Beobachter als solchem realitätskonstitutive Qualitäten vindiziert; wir bleiben dagegen ganz dem großen Denken, das von Parmenides bis Einstein reicht, verpflichtet und sehen unsere Aufgabe darin, die Physik der Logik, oder nachzuweisen, daß Sein und Denken dasselbe ist. Neuestens beliebt die sogenannte Wissenschaft das Problem der endlos zurückgeschobenen Bedingung durch den »Urknall« zu lösen, in der Weise, daß man eine absolut dichte Materie von absolut kurzer Lebensdauer ansetzt, vor der nichts denkbar sei, und auch nichts Denkbares zu sein brauche, weil erst mit jener Materie Raum und Zeit, und also Materie, existent sei. Wie im Mittelalter wendet man die falsch gedachten evolutionären Schritte zurück und restauriert eine Urschöpfung. Dieselbe Wissenschaft, deren oberste Maxime die Erhaltung der Energie ist, stipuliert einen Zustand, vor dem Energie nicht ist, der selbst aber Energie, sogar ihre Urform, ist. In der Tat ist diese Antwort eine der möglichen bei einer zugrundeliegenden unzureichenden Logik. Eine zweite mögliche Antwort ist, gleichsam wie die unendliche Gerade eine in sich zurückkehrende Kurve, oder wie der Seeweg nach Indien, daß im Gegenlauf die jeweils zurückliegende Bedingung von dem jeweils Bedingten ihrerseits bedingt ist. Es gibt der Möglichkeiten seit dem Altertum noch mehrere, die alle real bedingt richtig sind, aber den Mangel der Logik haben, den Schritt tatsächlich prinzipiell nicht erklären zu können, den die Materie in sich selbst tut. Die historisch gegebenen logischen Erklärungen betreffen nur Sonderformen, Abstraktionen der materiellen Schritte; und dieselben sind damit nicht wertlos, sondern jene Summe des Mangelhaften, welche unmittelbar das wahre Verhältnis ist. Wir tun nur dieses übrige, es als Logik der Deklination für den speziellen Gebrauch der wissenschaftlichen Logik zu durchdenken und niederzuschreiben. Denn die mangelhafte Logik, die den schlecht konstruierten Schritten des Realen zugrunde liegt, ist wesentlich die des Realen selbst, und die dem wahren Wirklichen nicht entsprechenden Schritte machen in Wahrheit die wahre Wirklichkeit aus. Es ist eben die Wahrheit der Natur, sich in ihrer Unwahrheit als den wahren Geist zu geben, oder sich als das doppelte Negative zu setzen, welches das Verhältnis der Deklination ist.

Hiermit hat sich die Logik der abstrakten Zeit: Wie wird der erste zu seinem zweiten Zustand? ergeben. Die abstrakte Zeit, die erste Gestalt der Innovation, ist die doppelte Negativität als das Sein mangelhafter Veränderung. Es ist der Mangel der Veränderung, welcher die Substanz, als doppelte Negativität begründet. Wenn die Realitäten sich nach ihren sogenannten eigenen Gesetzen verändern würden, ergäbe sich so wenig je eine Veränderung, wie eine Ontologie sich je damit befaßt hat, welchen Zustand das Sein als nächstes anzunehmen habe. Die abstrakte Zeit ist jene Stufe der Innovation, auf welcher ein Zustand sich verdoppelt hat, als er zwar, aber zugleich schon als sein absolut Negatives, wodurch seine Verdoppelung seine Konstituierung als doppelte Negativität als er als er ist. Er ist somit absolut bestimmte Unbestimmtheit, als solche aber Resultat. Dies ist nun die nächste Stufe der Innovation, die Agilität. In ihr verschafft sich das Gesetz sein Recht, jedoch ist seine Seele einerseits zwar das Resultat, andererseits aber die absolut bestimmte Unbestimmtheit, ohne die kein Leben möglich ist. So ist die Agilität die substantielle Richtung. Aber gerade an ihrem Gesetz findet sie ihre Grenze, und was sie in Banden hält und forciert, wird sie beschränken und ihr das Leben nehmen - der Faustische Euphorion. Die Agilität ist dieser Widerspruch, nur dem eigenen Gesetz zu gehorchen und doch nur darauf zu vertrauen, daß es das Allgemeine sei. Sie nimmt ständig den guten Willen in Anspruch, den sie doch mißachtet. In der Tat ist sie der Keim, der nach seinem Willen aufschießt, aber darin auch schon bekundet, daß er die Willkür über das Leben stellt. Daran geht die Agilität zugrunde. Derselbe Untergang aber ist die Geburt der Präadaption, die in das substantielle Verhältnis erhobene Willkür. In der Präadaption hat die Substanz sich als die doppelte Negativität so gesetzt, daß sie doppelte Verdoppelung und als solche die Einheit ihrer Vernichtung und Perpetuierung ist. So geht die Substanz über in ihre Geschichte. Die Präadaption ist jenes Verhältnis, in welchem ein Zustand sein folgender bereits ist, aus welchem er sich als ersteren setzte. Es ist dies von der einen Seite die Umkehrung der Agilität, von der anderen aber jene höhere Einheit, in welcher das unbestimmte Absolute sich die Bestimmtheit durch das Resultat gibt. Dieses ist dann die Neomorphe, absolut bestimmte Unbestimmtheit, das konkrete Materielle oder die Geschichte, wie sie sich als Geist der Natur einfach darstellt.

Eine besondere Betrachtung schließlich erheischt das Verhältnis der Innovation, insofern es wesentlich Bestimmung der Unbestimmtheit ist. Die Substanz ist dieses Sichalsdoppeltenegativitätsetzen; so ist sie Selbstbestimmung. Aber ihr Selbst ist sie als ihre Negation, indem diese absolut ihr anderes, das andere aber ebenso anderes als es als es ist. Ihre absolute Unbestimmtheit ist also die Bestimmtheit der Substanz. Von entscheidender Bedeutung ist nun zu verstehen, daß die Bestimmung der Substanz als absoluter Unbestimmtheit die Bestimmung der Substanz selbst ist, die sich als solche als sie als sich als sich bestimmt. Indem die Substanz sich als solche negativ bestimmt, bestimmt sie sich als Innovation, und zwar so, daß gerade ihre Negativität ihr absoluter Rückfall auf sich als zeitlose Zeit oder leere Materie ist.

2I. Geschichte oder Gesetz des Werdens

Seltsam muß es erscheinen, daß man in den Geschichtsbüchern die Folge der Ereignisse so aufnimmt, als hätte sich unmöglich an auch nur einer Stelle etwas anders ereignen können als es sich tatsächlich ereignete, und mit derselben Selbstverständlichkeit die alte Weisheit gelten läßt, daß, wie man sagte, Gott auf der Seite der stärksten Bataillone stehe; was nichts anderes heißen will als: alles ist unentschieden. Nach diesem Verständnis bestünde das Gesetz des Werdens darin, daß das jeweils sich Entscheidende von nichts Entscheidendem entschieden wurde. Der hier herrschende Widerspruch ist bisher nicht klar erkannt worten. Sehen wir beispielsweise, wie Engels die Niederlage der Bauern im deutschen Bauernkrieg begreift. Er sagt, für diese Revolution waren die Bauern und die von Müntzer organisierten Bergleute nicht reif, oder die Geschichte war nicht reif genug für sie und ihre Revolution; das Prinzip der souveränen Fürstenherrschaft war das Höhere, nämlich als Bedingung der nächsten, historisch zunächst notwendigen, bürgerlichen Revolution. Diesem Urteil liegt die marxistische Konzeption zugrunde, daß die Geschichte zwar von Subjekten, Individuen, »gemacht« wird, jedoch peu a peu, n a c h  G e s e t z e n . Damit ist jedoch gar nichts gewonnen, denn das eigentlich Interessante ist eben die unbeantwortete Frage: Wann entsteht das Gesetz, wann wird es gültig, wann tritt ein neues an seine Stelle? In gewisser Weise ist jene vage Konzeption der Sache zwar keine Lösung der Aufgabe, noch viel weniger das Gesetz oder gar der Begriff des geschichtlichen Werdens; aber doch eine Art klarer Aufgabenstellung.

Allenfalls über die Frage: ob die Erde rund sei und sich um die Sonne drehe, ist je soviel gerätselt und gestritten worden wie über die Gesetze der Geschichte in letzter Zeit. Ebenso wie es dem Wahnsinnigen in den Vorgängen seiner Phantasiewelt um Sein oder Nichtsein geht, so pflegt das kollektive Bewußtsein die Wirklichkeit als für von seiner Anschauung über sie abhängig zu halten. Um so eigenartiger ist es dann zu sehen, in welchem Mißverhältnis die unzulänglichen Mittel des Gedankens zu dem Interesse an der Antwort und der Härte des Kampfes um die Wahrheit stehen. - Hegel drückte die Bedürfnisse des modernen Menschen aus, wenn er sagte: Geschichte sei Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit; denn jener will wissen, wieweit er weiß, was er zu seiner eigenen Hervorbringung selbst hinzutut. In dem Satz ist das Urteil über eine Folge von Momenten von dem konkreten Resultat her ausgesprochen. Ebenso wenig jedoch wie wir dadurch etwas über das Werden der Idee als der absoluten Wirklichkeit erfahren, wie sie sich in der Zeit oder als materielle Zeit jetzt entwickelt es sei denn, man achte die Auskunft: die Idee mache sich jeweils die »Täuschung« des Werdens, für mehr als einen Scherz, wird der Begriff in jedem einzelnen Momente befriedigt, indem am Ende zwar gezeigt werden kann, wie genau alles Angelegte sich entwickelt habe; die Momente selbst aber sind sich nur in Bezug auf sich selbst a l s  R e s u l t a t , ihrer bewußt, in Bezug auf ihr Resultat aber sind sie ganz ahnungslos. Nun kann man zwar sagen, daß die Momente durch den Sachzwang oder die »harte Realität« der Aufgabe enthoben seien, sich in jedem Augenblick ihrer Schritte oder Entschlüsse bewußt zu sein; aber dieses Argument ist keine ernste Auskunft. Wenn nämlich die Momente dem stärksten Stoße folgen, so ist endlich auch das Resultat nur ein Gestoßenes; die Philosophie Nietzsches hat dies ja ausgesprochen. Um übrigens schon hier eine Andeutung zu machen, so glauben die dialektischen Materialisten, wie bekannt, viel gesagt zu haben, wenn sie verkünden, Selbstbewegung sei das Wesen der Materie, und somit den Stoß von außen ablehnen. Sobald man aber fragt, was die Selbstbewegung sei, wie sie jeweils zustande kommt, bleibt die Auskunft aus; auch die Christen ließen ja Gott die Welt aus sich heraus erschaffen, indem sie das Denken durch das Credo ersetzten. Hegel hat schon nicht ohne Grund der logischen Idee, wie einem Gott, ein eigenes, logisches, Sein reserviert, indem er wußte, daß die Bewegung aus sich selbst heraus nicht begründet werden kann. Die Materialisten, denen es nicht einmal in den Sinn kommt, etwas erklären zu sollen, hatten immer schon leicht behaupten, e s  bewege s i c h . Wir werden zu klären haben, daß die sich verdoppelnde Materie zugleich die vielzitierte Selbstbewegung u n d der geheimnisvolle Stoß von außen ist. Bewegung ist die Gleichzeitigkeit von materieller Verdoppelung und ideellem Prozeß.

Die heutige bürgerliche, kurz gesprochen die nachnietzschesche Philosophie ist jedoch nicht besser beraten, wenn sie, wie die Materialisten den logischen Menschen durch den gesellschaftlichen, diesen durch den biologischen ersetzt. Die menschlichen Angelegenheiten werden sich entscheiden nach Maßgabe des Natürlichen und der vitalen Energie: bedeutet ja nur das Problem mit einer neuen Larve unkenntlich zu machen. Den Ausschlag gibt, daß erkannt wird, was nun der zu erreichencle Zustand ist; dabei ist es einerlei, ab er ein gesellschaftlicher, biologischer oder sonst irgendeiner ist, sondern sein Inhalt entscheidet. Erkenntnis beantwortet die Fragen: Was wird welcher Inhalt? und: Wie kann man das wissen? Die bürgerlichen Denker werden jedoch zu behaupten versuchen, daß jenes Verdikt, die Natur könne nicht mit der Forke ausgetrieben werden, ein I n h a l t sei. Aber sie werden sich nicht retten, weil auch sie, was »Natur« ist, immer erst im nachhinein bestimmen können. Darum ist auch Hegel, als der Metaphysiker und Logiker des Resultats, ihr sträflich vernachlässigter und verleugneter Philosoph.

Demgegenüber haben die dialektischen Materialisten eine Konzeption des Werdens entworfen, deren Logik frappiert. Sie nehmen weder das konkrete Resultat der Idee zum Ausgangspunkt, noch spekulieren sie über die Zukunft. Das brauchen sie nicht, denn das Konkrete ist das zu Verneinende, und die Zukunft wird von den verneinenden Kräften selbst erbaut. Diese Lösung ist deshalb so bestechend, weil sie einen engen Zusammenhang zwischen der dialektischen Logik und der tatsächlichen materiellen Geschichte und ihren Gesetzen herzustellen scheint. Denn in der Tat schafft die Idee ständig neue Kräfte, die sich gegen die alten wenden; weiter sind diese neuen Kräfte und ihr Kampf das Werdende, das, was über die Gegenwart hinausreicht; und wirklich sind. die am Werden beteiligten Kräfte diejenigen, die die Zukunft erschaffen. Aber heißt das, daß sie dieselbe darum auch kennen? Das ist natürlich nicht der Fall; aber es ist nicht die Aufgabe der Philosophie, die Wirklichkeit der historischen Gesetzmäßigkeiten anzuzweifeln oder solche auch selbst aufzustellen, sondern den Erweis zu erbringen, wie sie möglich sind und d a ß  s i e s i n d .

Näher muß nunmehr auf den Begriff des Gesetzes des Werdens eingegangen werden. Es fällt sogleich auf, daß ein »Werden nach Gesetzen« unmöglich ist; ebenso unmöglich ist ein Werden ohne Errichtung von Gesetzen. Indem die Substanz zugleich Verdoppelung ihrer selbst, ihre Selbstvernichtung und ihre Fortdauer ist, bestätigt sie sich als Gesetz und hebt es in sich absolut auf. Dieses Werden ihrer selbst geschieht also als Gesetz, und eben darin als beiseitegesetztes Gesetz, welches wir Deklination nannten, Selbstabweichung der Substanz als ihrer als ihrer. Das Gesetz erfährt im Werden seine dreifache Aufhebung. Zuerst wird das Gesetz von der Verdoppelung der Substanz negiert, indem in der Verdoppelung die Substanz absolut in sich zusammenstürzt. Zweitens ist das Gesetz in der Rekonstruktion der Substanz negiert. Diese zweite Negation ist ein in sich sehr differenziertes Verhältnis. Die Substanz war ja als sie als sie verdoppelt und darum ihre absolute Negation als sie. In demselben Moment aber stellt sie sich wieder her; nach welchem Gesetz sollte sie das tun? Es ist dies im Gegenteil ihre unmittelbare m a t e r i e l l - l o g i s c h e Tätigkeit, die die Aufhebung aller Gesetze bedeutet. Das Gesetz wird danach konstituiert; es ist nichts anderes als die Verhärtung der Substanz gegen sich selbst, ihr eigener Gegenlauf, in welchem sie sich selbst als sie entgegen kommt und sich wieder vernichtet. In der Rekonstruktion der Substanz aber bildet sich das Gesetz als von der Substanz gesetzt. Indem die Substanz sich jedoch gegen sich selbst als sie als sie selbst setzt, ist ihr Gesetz Moment des absoluten Verhältnisses der substantiellen Unbestimmtheit. - Drittens ist das Gesetz schließlich negiert in der tätigen Substanz, wie sie sich als sie als sie aus ihrem Ruin konstituiert hat, nun a l s  B e s t i m m t h e i t , und zwar des G e s e t z e s . Denn die Substanz ist absolut bestimmte Unbestimmtheit, sobald sie zugleich sich als f r e i e und darin als von i h r e m Gesetz gesetzte bestimmt hat. Diese Einheit ihrer als der absolut bestimmten Unbestimmtheit ist die Deklination, in welcher das Gesetz nun bestimmend ist, jedoch gleichzeitig als es seine absolute Auflösung erfährt. Dasselbe Verhältnis ist dann der B e g r i f f des Werdens.

Indem sich das Gesetz des Werdens realisierte, hat sich der reine spekulative Materialismus hergestellt, in welchem das Gesetz des Werdens sich absolut aufgelöst hat. Ein Gesetz, entsprechend dem etwas w i r d , kann es danach nicht geben, denn es selbst ist entstehendes und verschwindendes Moment im Prozeß der Substanz. Dies ist jetzt zu betrachten. Nach Aristoteles gründet sich das Wissen auf Gründe durch Schlüsse, diese auf Erfahrung, Erfahrung auf Erinnerung. Nach diesem Schema versteht die zivilisierte Menschheit auch heute noch insgesamt das Verhältnis zwischen Realität und Wissen. Wissen ist Erinnerung der Sinneseindrücke in der dritten Potenz; ein Resultat, welches imstande ist, seine Genesis zu beurteilen. So ist das Wissen geeignet, das Vergangene zu seinem Inhalt zu machen, voraussetzend, dem Weg seines Werdens entspreche der Inhalt, auf den es sich bezieht. Hier liegt die erste, unprüfbare Voraussetzung. Aber dies zugestanden, so folgt sogleich die zweite, ungeheuere Annahme, mit den Verallgemeinerungen des Resultats aus dem Werden des Wissens seien Gegenwart und Zukunft ebenso zu erkennen und zu beurteilen. Des Aristoteles Wissensbegriff ließ einen solchen Schluß zu, indem er sich damals die Realität und ihr Werden zu erklären nicht veranlaßt sah. Heute jedoch, wo dies gewohnheitsmäßig getan wird, tritt zu den beiden genannten Unterstellungen eine unglaubliche Dritte: nämlich die, daß der Prozeß der Erkenntnis gleich oder analog sei dem Prozeß der Realität, beziehungsweise in einem »Wechselverhältnis« zu ihr stehe. Hat man schon angenommen, Wissen sei Resultat, da es doch ebenso Vorwegnahme ist, so projiziert man den Prozeß des Wissens als ein Resultat schließlich ungeprüft auf die Realität als ein ebensolches Resultat, wiewohl man weiß, sie kann nicht dem Begriff des Resultats entsprechen. Man schließt also aus der wiederholten Beobachtung auf ein Gesetz, und von diesem auf die Wirklichkeit, die ihm auch fürderhin gehorche; man schließt von dem Gesetz, das Gewesenes zum allgemeinen Inhalt hat, auf die Wirklichkeit, die wesentlich Voraussetzung ihrer selbst ist und nicht von ihrem Gewesenen abhängt, sondern sich solches selbst erst, von der Zukunft oder dem Deklinat gesetzt, entgegensetzt. Wir glauben daher, daß ein derartiges Schließen nunmehr sein gerechtes Ende finden müsse. An die Stelle dieses Schließens von der Logik des Systems auf die Logik des Prozesses muß die Logik des spekulativen Materialismus treten, die den Übergang von der schließenden zu der planenden Substanz gemäß dem Materialismus der Substanz selbst herstellt. Denn es ist das Leben der Substanz, welche jenen Mangel ebenso hervorbringt, wie sie ihn ausgleicht.

An dieser Stelle sollte das Verhältnis von Wesen und Geschichte näher betrachtet werden. Das Wesen ist bei Hegel das zeitlos vergangene Sein, dessen Offenbarung den Übergang zum an und für sich seienden Sein des Begriffs, beziehungsweise der Idee bildet. Die Idee »entläßt sich frei« in die Natur, die nun ihre Gestalten aus sich hervorbringt; wie der bürgerliche Staat in dem Gang der Geschichte als objektive Freiheit hervorgebracht wurde, mit der Bestimmung, Übergang zu dem absoluten Geist zu sein, oder das die logische Idee mit der absoluten Idee vermittelnde Glied, das Wesen des absoluten in seiner wahren Wahrheit seiende Sein auszumachen. So ist die Geschichte wesentlich Wesen, nicht das Absolute als Resultat des Wahren an und für sich. Wir sehen also hier dem Begriff, daß die Geschichte als das gewordene Wesen nicht die Wahrheit in der ihr eigenen Gestalt ist, deutlichen Ausdruck verliehen. Uns obliegt es jedoch, den ganzen Umfang dieser Erkenntnis zu beschrieben; denn Hegel hat selbst die Wahrheit oder das Absolute so behandelt, als sei es Geschichte, Wesen, oder wesentlich Gewesenes; und umgekehrt Wesen und Geschichte, als Momente des Systems, nötigte er sich zu bewegen wie das absolute Resultat des sich seiner selbst gewissen Geistes. Hegel identifizierte schließlich Geschichte und Resultat, und erhielt Historie, worin die Marxisten ihm unglücklicherweise folgten. In Wahrheit jedoch ist das Absolute deklinierende Substanz, oder wesentlich in sich zurückdriftende Voraussetzung ihrer selbst; und Geschichte die durch die qualifizierte Deklination bestimmte absolute Unbestimmtheit.

Bevor wir den Charakter des Hegelschen Verhältnisses von Geschichte und Wissen als ihrem wahren Resultat näher durchgehen, müssen wir auf ein Mißverständnis aufmerksam machen , dem die Kritik am Hegelschen System, insbesondere an seiner Konzeption des absoluten Wissens um der Wissenschaft, zu unterliegen pflegt. Von den Kritikern des absoluten Idealismus, sowohl den bürgerlichen als auch den dialektischen Materialisten, wird gesagt, Hegel »löse die Wirklichkeit in Geist auf«. Das kann jedoch nicht der Kritikpunkt eines vernünftigen, die Philosophie auf ihrem höchsten Gipfel weiterführenden Herausarbeitens einiger notwendiger neuer materialistischer Kategorien sein. Denn Hegel entwickelt völlig richtig das Wissen als die Gestalt der Wirklichkeit, in welcher die Form dem Inhalt absolut entspricht. Die Wirklichkeit ist das Wahre, so der Geist, aber im Elemente eines unerlösten Seins; in dem dem Wahren eigenen Element ist der Geist als wissender Geist. Eigentlich paßt den einen nur nicht, daß Hegel überhaupt eine Notwendigkeit als das geistige Leben der Wirklichkeit konstruiert; den anderen, daß er die existierende Wirklichkeit als die Wirklichkeit des sich verwirklichenden Geistes konstruiert. Sie schlagen den Geist, und meinen die Wirklichkeit, die sie hassen; denn den einen hält sie ihre Schandtaten und ihren kraftlosen Untergang vor Augen, den anderen ihre Unfähigkeit, sich den ganzen Umfang der Wirklichkeit anzueignen. Nicht das ist die Frage, ob die Wirklichkeit Geist sei, sondern wer es jeweils ist, dem ihr Geist einleuchtet.

Der kritische Punkt der Hegelschen Idee ist die Seite des Negativen, welches in dem absoluten Resultat, dem Positiven, seinen Untergang findet. Das Positive ist nur der einfache Ausdruck dafür, daß die absolute Negation nur Wesen der Substanz war, und daß das Wesen mit der Substanz identifiziert wurde. Das Absolute ist seine Geschichte dies ist eigentlich der positive Satz der Hegelschen Substanz. Dem widersprechen wir entschieden. Das Gewesene wird aus der Zukunft interpretiert, und nicht umgekehrt. Wenn dies die Marxisten hervorgehoben haben, so haben sie hier einen Schritt über Hegel hinaus getan. In ihrer Folge konstituiert die Logik des spekulativen Materialismus das Negative allererst in der Idee, und zwar als die absolut bestimmte Unbestimmtheit der Substanz. Das hat die Konsequenz für den Begriff der Geschichte, daß das Negative nicht bloßes w e s e n t l i c h e s Moment der Selbstrealisierung ist, sondern absolutes Resultat, als welches sich die Geschichte sich selbst als sie als sie zum doppelten Prädikat ihrer als ihres Subjekts gemacht hat.

Die solchermaßen k o n k r e t bestimmte Unbestimmtheit ist der Plan. Der Plan ist auf der Stufe der qualifizierten Deklination von Prozessen der materiellen Zeit das, was auf der Stufe der idealistischen Logik als das absolute Wissen fungierte.

In der Überleitung zu dem Teleologiekapitel spricht Hegel von dem »immanenten Voraussetzen« als von der Arbeit des allseits in sich vermittelten Begriffs. Er muß dieses entscheidende Verhältnis, das u n m i t t e l b a r  i n  d e n  M a t e r i a l i s m u s  d e s  P l a n s überzugehen hätte, jedoch am Ende in der Wissenschaft des sich begreifenden Begriffs wieder fallenlassen. Es setzt zwar innerhalb der Wissenschaft des Geistes die logische die natürliche Idee voraus, aber nur als ihre eigene Äußerlichkeit, der Äußerlichkeit der Totalität des Begriffs. In diesem stehen sich Innen und Außen übergangslos, »frei«, gegenüber, und eine Bewegung, Kampf, Dialektik finden nicht mehr statt. Es ist das Wissen seiner selbst, das sich dieses Ende bereitet. Eben dies ist die Stelle, an der der Prozeß aus dem System herausführt. Hegel irrt keineswegs, wenn er jenseits des absoluten Wissens keine Existenzen annimmt, denn es ist mit dem Sein unmittelbar identisch. Aber indem er versäumt, den Widerspruch des "immanenten Voraussetzens" auszuführen, als in welchem sich die planende Substanz realisiert, begibt er sich einer ganzen Dimension des erkennenden Begriffs, welche dieser noch selbst in sich trägt. Statt aber die neue Dialektik, sogleich jedoch als materialistische, einzuleiten - die dann freilich auch rückwirkend durch alle Sphären durchzuführen wäre - , wie die natürliche und geschichtliche Idee es fordern zu können scheinen, wird Dialektik sistiert. In der absoluten Idee ist das Sein tatsächlich erreicht; was es nun aber sei, wird dennoch nicht gesagt. Hegel stellt der absoluten Idee, von der er sagt, sie s e i  N a t u r , die Natur gegenüber; womit er einen wichtigen Schritt in der Wissenschaft der Logik tut. Dieses Verhältnis, das er »absolute Befreiung« nennt, faßt er jedoch selbst nicht mehr logisch. Es ist demgegenüber als entscheidend anzusehen, diesen Übergang, der »kein Übergang« ist, zum springenden Punkt zu erheben und aus ihm eine tiefere Betrachtung der logischen Idee und damit des wahren Seins und der Geschichte einzuleiten.

Die planende Substanz setzt sich doppelt: Diese erste Bestimmung kann noch aus der Logik des absoluten Idealismus Hegels genommen werden. - Der Ausdruck des Sichdoppeltsetzens kann auf Widerstand stoßen. Wir glauben nicht, daß es möglich ist, alle Einwände gegen eine solche Konstruktion abzuweisen. Darauf kommt es auch nicht an. Eine »Erklärung« ist Hegels Auskunft, die absolute Idee »entlasse sich frei«, ebensowenig, wie überhaupt ein Gedanke »bewiesen« werden kann; er kann allerdings auch kaum »widerlegt« werden. Wir erinnern nur daran, daß die Astronomie bei Voraussetzung der Erde als Mittelpunkt der Welt die Sternenbahnen recht gut errechnete; widerlegt wurde sie nur durch eine bessere Astronomie. Und so wie die Substanz auf ihren verschiedenen Stufen im Wissen wiedererscheint, so ist auch die Logik, die ihren Anfang mit der Verdoppelung nimmt, nur e i n e , wenn auch die dem Wissen bisher höchste zugängliche Logik.

Das Sichdoppeltsetzen zu beweisen ist zudem überflüssig; die natürlichen Wissenschaften tun täglich dar, wie nötig eine solche Konzeption geworden ist, so daß wir berechtigt sind zu glauben, daß eine Spekulation, die die logische Verdoppelung in sich aufnimmt, einige Schwierigkeiten anderer Logiken besser löst. Man sollte im übrigen nicht zu anspruchsvoll tun; unsere Epoche, die sich eine der ersten, zweiten und tritten wissenschaftlich-technischen Revolution nennt.,verzichtet doch völlig auf jede Erklärung und stellt nur eine unbewiesene Behauptung neben die andere, ohne daß sich jemand zu wundern wagte. Daß das Sichverdoppeln gleichsam die erste logische Tat der Materie sei, dies ist nicht, um es so zu nennen, unsere Schuld. Es ist eine gute Annahme, und sie ist besser als alles , was der Logiker bisher finden konnte.

Die planende Substanz ist das absolute System als sich in sich verdoppelnder Prozeß. Die Verdoppelung ermöglicht die Konstruktion der Substanz als doppelter Negativität oder der absolut bestimmten Unbestimmtheit. In der Substanz als des unbestimmten Absoluten ist die Negativität nicht, wie in dem System des absoluten Idealismus, von dem Resultat aufgezehrt, sondern die Substanz ist selbst als sie als sie ihre Selbsthervorbringung als absolute Negativität. - In der idealistischen Dialektik ist das Sein eigentliches Sein, wenn es auch und wesentlich geistiges Sein, Begriff, ist; geistiges Sein ist Wissen, oder sich wissendes Sein. So ist das seiner selbst gewisse Wissen das an und für sich seiende Sein, oder die Idee. »Denn dasselbe ist Denken und Sein«, wie Parmenides es zuerst klar aussprach. Nun ist zu unterscheiden zwischen cliesem Prozeß der idealistischen Spekulation und dem Prozeß der negativen Substanz. Denn dieser ist Verdoppelung seiner als seiner als seiner, keineswegs Verdoppelung des dialektischen Systems als solchen. Gleichwohl ist er a u c h das absolute System, aber a l s sich verdoppelnder Prozeß. Oder die Logik des Plans beginnt nicht erst mit dem Ende der Hegelschen Logik; so wenig wie andererseits die Dialektik aufgehoben ist, sondern sie ist in höchster Tätigkeit. Die dialektische Tätigkeit der planenden Substanz hebt die systematische Dialektik der absolut vermittelten Ontologie der Klassiker allererst auf die Stufe der n a t ü r l i c h e n  W i r k l i c h k e i t . In den alten Metaphysiken galt der Geist als das Medium des Erkennens als am würdigsten; das Erkennen der Erkenntnis in seiner zweifachen Bedeutung - war gleich der Wahrheit. Unsere Zeit hat uns jedoch mit so vielen Einsichten in das Innere der Materie beglückt, daß wir gar kein Verständnis dafür hätten, sollte dem Erkennen danach noch vorgehalten werden, es habe sich vor allem dem Spiegelbild seiner selbst zu widmen. In dem Grate aber, in welchem die Regeln der Denkprozesse durch das logische Leben der natürlichen Prozesse ersetzt werden, fällt auch die Auflage, die Wahrheit müsse das sich als Prozeß erweisende Positive oder System sein, hinweg, und die Dialektik dynamisiert sich zur negativen Substanz.

Die negative Substanz ist die Totalität der lebendigen Materie. - Geschichte hat diesen Widerspruch an sich, auf der einen Seite determiniert zu sein, auf der anderen Ungewißheit, Schicksal zu sein . Das Verhältnis, das die Geschichte ist, kann die Logik des spekulativen Materialismus darstellen. Da sie materialistisch ist und an keiner Stelle, wie die Geist-Philosophie, die Negativität in einem Resultat untergehen läßt, gibt die Logik des spekulativen Materialismus wahrhaft den Geist an, der, wie man sagte, wie der Wind geht, von dem man nicht weiß, woher er kommt und wohin er geht. Dieser Geist ist die durchgehaltene Negativität des geschichtlichen Verhältnisses. Die Substanz ist das Sichalsdoppeltenegativitätsetzen; einmal als sie, dann als sie als sie . In der zweiten Negativität, als die sie sich als die erste gesetzt hat, setzt sie sich die erste, als sie, und zwar negativ. Denn als erste ist sie unbestimmtes Setzen ihrer als zweite als sie als sie, als welche sie ebenso unbestimmt ist. Sie ist aber zugleich auch dadurch bestimmt; bestimmt sich also durch das Setzen ihrer als doppelter Unbestimmtheit. So bestimmt ist die Substanz ebenso absolut ihre Selbstvernichtung. Sie gibt sich ihr Leben, indem sie sich als Verhältnis ihres Untergangs produziert. Ihr doppeltes Sichalsdoppeltsetzen konstituiert sie als sie; aber eben, indem sie sich damit vernichtet. Sie i s t nur als ihre doppelte Negativität, aber als dieselbe ist sie zugleich ihr bloßer Untergang.

Die Substanz erschafft sich in ihrem Gegenüber; aber dieses Gegenüber ist sie als sie und ebenso als nicht als sie - beides jedoch als sie. Darum ist sie doppelte Negativität schon zu Anfang. Sie konnte sich aber ihr Gegenüber, oder sich als ihr Negatives als sie als sie, nur geben, indem sie jeweils sich nur als dieses Eine, jedoch als sie u n d als sie als sie, konstituierte; so daß sie dies sein muß, ihre Vernichtung, Ausgleich, »Entschädigung nach der Ordnung der Zeit«, wie Anaximander sagte, zu sein. Die Verdoppelung der Substanz ist ihre unmittelbare Auflösung; sie verdoppelt sich aber, weil dies ihr Sein ist. Sein ist Selbstverdoppelung als Negativität.

Das Sein ist aber auch, indem es Doppeltheit und als solche Vernichtung ist, einfache Negativität, oder negatives Absolutes. Die Vernichtung der Substanz war ihre Konstitution als Negativität. Sie hatte sich verdoppelt, um unterzugehen, und ging unter, um sich Leben zu geben. Diese Bewegung ist zweifach ihre Geschichte. Einmal nämlich ist Geschichte die Substanz als ihre in sich zurückgegangene Geschichte, jedoch nicht als sie selbst, sondern als sie als sie. Dieses andere als sie, d a s s i e i s t , hat sie zu dem Geist gemacht, der da bleibt, indem er vergeht, und vergeht, indem er bleibt - das Apeiron. Die geschichtliche Substanz ist darum stets ein anderes ihrer oder Deklination. Geschichte ist das Abweichen der Substanz von sich, aber so, daß sie dies selbst ist. So erweist sich die Geschichte als der wahre Materialismus, in welchen Wirklichkeit und Geist sich als in die göttliche Natur versenkt hat und bleibt. Zum zweiten aber ist sodann die geschichtliche Substanz speziell ihre Herausarbeitung ihrer als dieses Fokus, als welcher sie als sie als sie geschichtliche Substanz ist. Es ist dieses ständige Aufrechterhalten der Negativität dadurch, daß die Substanz dies ist, sich von ihrem eigenen Produkt: sich selbst als Resultat, als abhängig zu setzen. So ist sie doppelt unbestimmt, einmal in ihrer Abhängigkeit von sich als dem Resultat; dann als sie selbst, als welche sie Resultat ist. Damit ist sie aber absolute Unbestimmtheit, denn als solche hat sie sich als doppelte Unbestimmtheit gesetzt. So ist die geschichtliche Substanz dies, daß sie sich als doppelt sich als doppelte Negativität setzende Substanz setzt.