Geistphilosophisches Privatissimum
Hans Imhoff
Hans Imhoff
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Imhoff 1967/68




Aufsätze aus den Jahren 1967/68
Gesammelt erschienen im Euphorion Verlag 1972

 
Korrespondenz

Für Th. W. Adorno


Das Bewußtsein der totalen sozialen Vermittlung der Subjekte ist zugleich das Bewußtseiri der Asozialität.

Tier oder Gott, die sich in einer Lage der Asozialität ohne Vermittlung durch die Sozialität befinden, haben ein Verhältnis der Korrespondenz zur Wirklichkeit, die um die Dimension der Sprache vermindert ist. Beide haben nur Stimme, darum keine Wirklichkeit: keine Gemeinschaft.

Das ausgebildete korrespondierende Verhältnis zur Wirklichkeit ist das des Subjekts, das ganz Wissen seiner Integration in der Totalität ist, dieses Wissen in der Sphäre der Bedürfnisse erfahren und seine Erfahrung auf das somatische Interesse konzentriert hat. Es hat sich in sich zusammengenommen und ist ohne Fenster, bloße Äußerung.

In diesem Moment eines Prozesses von Integration (der Dialektik von Subjekt und Totalität), in welchem das Subjekt lebendig geworden ist, hat es die Kommunikation hinter sich gelassen; es ist hinter sie zuruckgegangen. Es freut sich der Nähe zum Tier oder Gotte.

Aber sein Prozeß ist nicht derart verlorengegangen, daß es nur Stimme hätte. Es hat wohl Sprache, und diese schicksallose Sprache, die alle Sprachen vergessen und ihre Namen zu Grabe getragen hat, die die Sprache seines somatischen Interesses und der Ton seiner Befriedigung ist, ist zugleich die der Totalität.

Die Vermittlung durch das somatische Interesse aber macht diese Identität zwischen der schicksallosen und der Sprache des Schicksals oder der geknechteten Menschen zur Differenz.

Die Stimme des Tiers oder Gottes zeigt nur das Angenehme oder Unangenehme, die Sprache der Menschen vor allem das Gerechte und Ungerechte.

Die Dichtung ist besser als beides. Sie ist die einzelne Stimme der kommunikativen Totalität, und als diese - einzelne, leidende - deren Wahrheit.

Aber das Sagen, was sie leidet, ist der Dichtung nicht genug. Sie beharrt auf der Forderung, die sie selbst an sich gerichtet hat: die Wahrheit als integratives Moment der Totalität auszusprechen - die Unwahrheit festzuhalten, sie zu produzieren.

Korrespondenz ist die Monade - die unversöhnliche Härte in der Vereinzelung, die von ihrem Zentrum des somatischen Interesses aus das ihr als das absolut Heterogene gegenüberstehende System der Bedürfnisse reproduziert.

Dieses Festhalten an der Totalität in der totalen Differenz zu ihr: die Reproduktion der Realität in Form ihrer Verweigerung ist die Gestalt von Erfahrung, deren Integrationsgrad der Realität, mit der sie korrespondiert, einzig angemessen ist. Denn das Kontinuum ist die Realität als Zerstörung der Zerstörung.

Die Korrespondenz bereichnet eine Erfahrungsstruktur und zugleich deren erreichte Höhe von Integration. Wesentlich aber ist sie ihre Realisation; denn die geleistete Erfahrung ist die produzierte Katastrophe. Diese aber ist der Sinn.

Das Interesse der Kunst liegt deshalb im somatisch subjektiven Ansatz ihres Schaffensprozesses. Schöpferisch.ist der Prozeß, der so die Vermittlungen durch den höchsten Grad von Integration realisiert.